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Studien über Hysterie 1892-1899
I.
Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene. (Breuer, Freud)
II.
Kranken-geschichten:
Beobachtung I. Frl. Anna O… (Breuer)
Beobachtung II. Frau Emmy v. N… (Freud)
Beobachtung III. Frl. Lucie R… (Freud)
Beobachtung IV. Katharina … (Freud)
Beobachtung V. Frl. Elisabeth v. R… (Freud)
III.
Theoretisches (Breuer)
IV.
Zur Psychotherapie der Hysterie (Freud)

[01_010]

Wir haben Kranke studiert, welche von einer solchen Symbolisierung den ausgiebigsten Gebrauch zu machen pflegten.
(ausgiebig, copious / von etw. (den) Gebrauch machen, use / zu inf. pflegen, be in the habit of doing sth.)
我々は、そういった象徴化を過度にしていた患者たちを観察してきた。

— In noch anderen Fällen ist eine derartige Determination zunächst nicht dem Verständnis offen; hieher gehören gerade die typischen hysterischen Symptome, wie Hemianästhesie und Gesichtsfeldeinengung, epileptiforme Konvulsionen u. dgl. m.
(derartig, of that kind / nicht dem Verständnis offen, incomprehensible / hieher, hither / gerade, precisely / Einengung, narrowing / und dergleichen mehr)
また別の数々の症例においては、そのような規定はすぐには理解されない。
半麻痺、視野狭窄、てんかん様痙攣などの典型的なヒステリー症状は、まさしくここに属す。

Die Darlegung unserer Anschauungen über diese Gruppe müssen wir der ausführlicheren Besprechung des Gegenstandes vorbehalten.
(die Darlegung, Akk., dar_legen, describe / Gruppe, -n, f. / ausführlich, detailed / der Besprechung, Dat., discussion)
このグループに関する私たちの見解の提示は、この話題のより詳細な議論のために、ここでは後回しにしておかなければならない。

Solche Beobachtungen scheinen uns die pathogene Analogie der gewöhnlichen Hysterie mit der traumatischen Neurose nachzuweisen und eine Ausdehnung des Begriffes der “traumatischen Hysterie” zu rechtfertigen.
このような観察は、通常のヒステリーと身体外傷性神経症との間の病原性の類推を実証し、「身体的な大怪我に伴うヒステリー」の概念の拡張を正当化するように思われる.

Bei der traumatischen Neurose ist ja nicht die geringfügige körperliche Verletzung die wirksame Krankheitsursache, sondern der Schreckaffekt, das psychische Trauma.
(ja, certainly / geringfügig, small / Verletzung, injury / wirksame, effective)
身体的な怪我に伴う神経症においても、病気の実際の原因は意味のない身体的損傷ではなく、恐怖心、精神的トラウマにある。

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In analoger Weise ergeben sich aus unseren Nachforschungen für viele, wenn nicht für die meisten hysterischen Symptome Anlässe, die man als psychische Traumen bezeichnen muß.

(sich ergeben aus, arise from / Nachforschung, search / für viele, wenn nicht für die meisten …, for many hysteric symptoms, if not for most of the symptoms / Anlässe (Subjekt, sich ergeben))

Als solches kann jedes Erlebnis wirken, welches die peinlichen Affekte des Schreckens, der Angst, der Scham, des psychischen Schmerzes hervorruft, und es hängt begreiflicherweise von der Empfindlichkeit des betroffenen Menschen (sowie von einer später zu erwähnenden Bedingung) ab, ob das Erlebnis als Trauma zur Geltung kommt.

(solches = psychisches Trauma / wirken (v.i.) als / welches = Erlebnis / hervorrufen, evoke / es hängt von…ab, it depends on / Empfindlichkeit, susceptibility / sowie, and also / erwähnen, mwntion / Bedingung, condition)

Nicht selten finden sich anstatt des einen großen Traumas bei der gewöhnlichen Hysterie mehrere Partialtraumen, gruppierte Anlässe, die erst in ihrer Summierung traumatische Wirkung äußern konnten und die insofern zusammengehören, als sie zum Teil Stücke einer Leidensgeschichte bilden.

(erst, only / Summierung, summarization / zum Teil, in part, adv.)

In noch anderen Fällen sind es an sich scheinbar gleichgültige Umstände, die durch ihr Zusammentreffen mit dem eigentlich wirksamen Ereignis oder mit einem Zeitpunkte besonderer Reizbarkeit eine Dignität als Traumen gewonnen haben, die ihnen sonst nicht zuzumuten wäre, die sie aber von da an behalten.

(sind es, there are / an sich, by itself / Zusammentreffen, coincidence / eigentlich, actually / Reizbarkeit, irritability / Dignität als … zuzumuten sein, can be considered as … / zumuten, expect / behalten, kept / von da an, from then on / sonst, otherwise)

[01_011] [0009]
Aber der kausale Zusammenhang des veranlassenden psychischen Traumas mit dem hysterischen Phänomen ist nicht etwa von der Art, daß das Trauma als agent provocateur das Symptom auslösen würde, welches dann, selbständig geworden, weiter bestände.

(agent provocateur, fr. word, (= only a trigger that starts something) / auslösen, to trigger / dann, then, after that / conjunctive Past, weiter_bestehen, continue to exist)

Wir müssen vielmehr behaupten, daß das psychische Trauma respektive die Erinnerung an dasselbe nach Art eines Fremdkörpers wirkt, welcher noch lange Zeit nach seinem Eindringen als gegenwärtig wirkendes Agens gelten muß,

(behaupten, affirm / respektive, or, i.e. / die Erinnerung an dasselbe, the memory of it (trauma) / nach Art von, in the manner of / gelten, to be considered / gegenwärtig, at the present time)

und wir sehen den Beweis hierfür in einem höchst merkwürdigen Phänomen, welches zugleich unseren Befunden ein bedeutendes praktisches Interesse verschafft.

(hierfür, for it / zugleich, at the same time / Befund, discoveries (X diagnosings) / verschaffen, provide)

Wir fanden nämlich, anfangs zu unserer größten Überraschung, daß die einzelnen hysterischen Symptome sogleich und ohne Wiederkehr verschwanden, wenn es gelungen war, die Erinnerung an den veranlassenden Vorgang zu voller Helligkeit zu erwecken, damit auch den begleitenden Affekt wachzurufen, und wenn dann der Kranke den Vorgang in möglichst ausführlicher Weise schilderte und dem Affekte Worte gab.

(sogleich, immediately /gelungen, gelingen, be successful / Helligkeit, brightness / wach_rufen, evoke / schildern, depict / dem Affekte(Dat.) Worte(Akk.) gab )

Affektloses Erinnern ist fast immer völlig wirkungslos;

(Erinnern, act of calling to mind)

der psychische Prozeß, der ursprünglich abgelaufen war, muß so lebhaft als möglich wiederholt, in statum nascendi gebracht und dann “ausgesprochen” werden.

(abgelaufen out-of-date / lebhaft, vividly / muß, in order to heal )

Dabei treten, wenn es sich um Reizerscheinungen handelt, diese : Krämpfe, Neuralgien, Halluzinationen — noch einmal in voller Intensität auf und schwinden dann für immer.

(auf_treten, appear / wenn, if / Reizerscheinungen, irritation / Es handelt sich um etw., It is a matter of sth. )

Funktionsausfälle, Lähmungen und Anästhesien schwinden ebenso, natürlich ohne daß ihre momentane Steigerung deutlich wäre.[1]

(Ausfall, failures / Steigerung, aggravation / deutlich, visible)

[1] Die Möglichkeit einer solchen Therapie haben Delbœuf und Binet klar erkannt, wie die beifolgenden Zitate zeigen :

(beifolgend, enclosed in letter / Zitat, quotation)

Delbœuf, Le magnétisme animal. Paris 1889: “On s’expliquerait dès lors comment le magnétiseur aide à la guérison. Il remet le sujet dans l’état où le mal s’est manifesté et combat par la parole le même mal, mais renaissant.” —
Binet, Les altérations de la personalité. 1892, p. 243: “… peut-être verra-t-on qu’en reportant le malade par un artifice mental, au moment même où le symptôme a apparu pour la première fois, on rend ce malade plus docile à une suggestion curative.” —
In dem interessanten Buche von P. Janet: L’automatisme psychologique, Paris 1889, findet sich die Beschreibung einer Heilung, welche bei einem hysterischen Mädchen durch Anwendung eines dem unsrigen analogen Verfahrens erzielt wurde.
(Anwendung, utilization / erzielen, obtain)

(“Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene” 1893.)

[01_012] [0010]

Der Verdacht liegt nahe, es handle sich dabei um eine unbeabsichtigte Suggestion;

(nahe liegen, to be obvious / es handle, handeln, Konjunktiv I, Es handelt sich um etw. / unbeabsichtigte, unintentional)

der Kranke erwarte, durch die Prozedur von seinem Leiden befreit zu werden, und diese Erwartung, nicht, das Aussprechen selbst, sei der wirkende Faktor.

Allein dem ist nicht so: die erste Beobachtung dieser Art, bei welcher ein höchst verwickelter Fall von Hysterie auf solche Weise analysiert und die gesondert verursachten Symptome auch gesondert behoben wurden, stammt aus dem Jahre 1881, also aus “vorsuggestiver” Zeit, wurde durch spontane Autohypnosen der Kranken ermöglicht und bereitete dem Beobachter die größte Überraschung.

(Allein, however / dem ist nicht so, This is not the case / erste, first / verwickeln, entangle / analysiert = analysiert wurde / die gesondert verursachten Symptome, the symptoms, which had been separately caused / beheben, eliminate, cure / stammt aus, dated back to / also, therefore / aus “vorsuggestiver” Zeit, (before 1885 in Paris with Charcot) (pré-suggestion : la suggestion hypnotique. Une suggestion donnée avant l’induction hypnotique qui est censée avoir lieu que lorsque le client est en hypnose. (imnlp-p.org) / The procedure of hypnosis can be divided into three phases: induction (or pre-suggestion), suggestion, and post-suggestion. The induction of a trance is accomplished in a variety of ways with the intention of developing relaxation and focused attention. Once the trance is induced, therapeutic suggestions are offered. In the post-suggestion phase, the patient returns to their usual state of consciousness and the suggestions may be discussed and reinforced. Self-hypnosis may be taught to further reinforce the therapeutic suggestions between sessions.(Darshan Mehta) / Suggestion pré-hypnotique : Une suggestion donnée avant l’induction hypnotique qui a comme fonction de prendre effet quand le sujet est en hypnose. (cabinet-rambaud.com))/ (die erste Beobachtung) wurde / Überraschung bereiten, give a surprise)

In Umkehrung des Satzes: “cessante causa cessat effectus” dürfen wir wohl aus diesen Beobachtungen schließen, der veranlassende Vorgang wirke in irgend einer Weise noch nach Jahren fort, nicht indirekt durch Vermittlung einer Kette von kausalen Zwischengliedern, sondern unmittelbarals auslösende Ursache, wie etwa ein im wachen Bewußtsein erinnerter psychischer Schmerz noch in später Zeit die Tränensekretion hervorruft: der Hysterische leide größtenteils an Reminiszenzen.[1]

(In Umkehrung, in reverse (The painful event happened and finished, but its effects still manifest.) / fort_wirken, continue to have an effect / Vermittlung, mediation / Kette, chain / Zwischenglied, n., Zwischenglieder, intermediate link / auslösende, provoke / der Hysterische, hysterische Person / hervorruft, bring out / leiden, suffer )
¤
[1.]
Wir können im Texte dieser vorläufigen Mitteilung nicht sondern, was am Inhalte derselben neu ist und was sich bei anderen Autoren wie Möbius und Strümpell findet, die ähnliche Anschauungen für die Hysterie vertreten haben.

(vorläufig, preliminary / sondern,v.t., separate / Paul Möbius / Adolf von Strümpell / die ähnliche Anschauungen für die Hysterie vertreten haben.

Die größte Annäherung an unsere theoretischen und therapeutischen Ausführungen fanden wir in einigen, gelegentlich publizierten Bemerkungen Benedikts, mit denen wir uns an anderer Stelle beschäftigen werden.
(Annäherung, similarity / Moritz Benedikt (1835 – 1920))

[0011]

2
Es erscheint zunächst wunderlich, daß längst vergangene Erlebnisse so intensiv wirken sollen; daß die Erinnerungen an sie nicht der Usur unterliegen sollen, der wir doch alle unsere Erinnerungen verfallen sehen.
(die Erinnerungen an sie, the memories of the experiences / der, under the usure)

Vielleicht gewinnen wir durch folgende Erwägungen einiges Verständnis für diese Tatsachen.

[01_013]

Das Verblassen oder Affektloswerden einer Erinnerung hängt von mehreren Faktoren ab.
(Verblassen, fading / von… ab_hängen, depend on…)

Vor allem ist dafür von Wichtigkeit, ob auf das affizierende Ereignis energisch reagiert wurde oder nicht.
((es) ist /  ob (die Erinnerung))

Wir verstehen hier unter Reaktion die ganze Reihe willkürlicher und unwillkürlicher Reflexe, in denen sich erfahrungsgemäß die Affekte entladen: vom Weinen bis zum Racheakt.
(wir verstehen unter…, the word…means / erfahrungsgemäß, as experience teaches)

Erfolgt diese Reaktion in genügendem Ausmaße, so schwindet dadurch ein großer Teil des Affektes;
((Wenn) erfolgt, If it is done / Ausmaß, intensity)

unsere Sprache bezeugt diese Tatsache der täglichen Beobachtung durch die Ausdrücke “sich austoben, ausweinen” u. dgl.
(bezeugen, witness / sich austoben, rage oneself out)

Wird die Reaktion unterdrückt, so bleibt der Affekt mit der Erinnerung verbunden.
((Wenn) wird…)

Eine Beleidigung, die vergolten ist, wenn auch nur durch Worte, wird anders erinnert, als eine, die hingenommen werden mußte.
(vergelten, retaliate / eine, die… , one (= Eine Beleidigung), which / hinnehmen put up with … without protest)

Die Sprache anerkennt auch diesen Unterschied in den psychischen und körperlichen Folgen und bezeichnet höchst charakteristischerweise eben das schweigend erduldete Leiden als “Kränkung”.
(Sprache, words / Folgen, consequences /erdulden = hinnehmen / Kränkung, insult)

— Die Reaktion des Geschädigten auf das Trauma hat eigentlich nur dann eine völlig “kathartische” Wirkung, wenn sie eine adäquate Reaktion ist; wie die Rache.
(der Geschädigte, ein Geschädigter, die Geschädigten, victim / eigentlich, basically)

Aber in der Sprache findet der Mensch ein Surrogat für die Tat, mit dessen Hilfe der Affekt nahezu ebenso “abreagiert” werden kann.
(Surrogat, n., substitution / Tat, doing act / Affekt, emotion / nahezu, almost)

In anderen Fällen ist das Reden eben selbst der adäquate Reflex, als Klage und als Aussprache für die Pein eines Geheimnisses (Beichte!).
(= Act of talking itself is a kind of emotional explosion.)

Wenn solche Reaktion durch Tat, Worte, in leichtesten Fällen durch Weinen nicht erfolgt, so behält die Erinnerung an den Vorfall zunächst die affektive Betonung.
(durch = as / erfolgen, take place, occur / zunächst, as the original state / Betonung, emphasis, accentuation, = character)


[0012]
Das “Abreagieren” ist indes nicht die einzige Art der Erledigung, welche dem normalen psychischen Mechanismus des Gesunden zur Verfügung steht, wenn er ein psychisches Trauma erfahren hat.
(Erledigung, handling / jdm zur Verfügung stehen, to be at sb.’s disposal)

Die Erinnerung daran tritt, auch wenn sie nicht abreagiert wurde, in den großen Komplex der Assoziation ein, sie rangiert dann neben anderen, vielleicht ihr widersprechenden Erlebnissen, erleidet eine Korrektur durch andere Vorstellungen.
(auch, likewise / (neben) ihr widersprechenden Erlebnissen, experiences which are in contradiction to that memory / erleiden, be forced to be modified)

Nach einem Unfalle z. B. gesellt sich zu der Erinnerung an die Gefahr und zu der (abgeschwächten) Wiederholung des Schreckens die Erinnerung des weiteren Verlaufes, der Rettung, das Bewußtsein der jetzigen Sicherheit.
(zu etw. sich gesellen, combine with / abschwächen, attenuate / die Erinnerung(Subjekt) / weiteren, following / Verlauf, course of event / der Rettung, rescue / das Bewußtsein (=confirmation))

[01_014]

Die Erinnerung an eine Kränkung wird korrigiert durch Richtigstellung der Tatsachen, durch Erwägungen der eigenen Würde u. dgl., und so gelingt es dem normalen Menschen, durch Leistungen der Assoziation den begleitenden Affekt zum Verschwinden zu bringen.
((As modification of traumatic memory…) / Kränkung, traumatizing event / erwägen, reflect on / Würde, sing., dignity / so, thus / leisten, carry out / begleiten, accompany)


Dazu tritt dann jenes allgemeine Verwischen der Eindrücke, jenes Abblassen der Erinnerungen, welches wir “vergessen” nennen, und das vor allem die affektiv nicht mehr wirksamen Vorstellungen usuriert.
(Verwischen, erase / Abblassen, blanching effect, fading)

Aus unseren Beobachtungen geht nun hervor, daß jene Erinnerungen, welche zu Veranlassungen hysterischer Phänomene geworden sind, sich in wunderbarer Frische und mit ihrer vollen Affektbetonung durch lange Zeit erhalten haben.
((Es) aus etw. her_vorgeht, daß, result from sth., we can make an inference / betonen, emphasize)

Wir müssen aber als eine weitere auffällige und späterhin verwertbare Tatsache erwähnen, daß die Kranken nicht etwa über diese Erinnerungen wie über andere ihres Lebens verfügen.
(auffällige, remarkable / andere ihres Lebens, (not like) other memories in his past / über etw. verfügen, to have sth. at one’s disposal)

Im Gegenteil, diese Erlebnisse fehlen dem Gedächtnisse der Kranken in ihrem gewöhnlichen psychischen Zustande völlig oder sind nur höchst summarisch darin vorhanden.
(in ihrem gewöhnlichen psychischen Zustande, not durling abreaction / höchst summarisch, just a little bit only)

Erst wenn man die Kranken in der Hypnose befragt, stellen sich diese Erinnerungen mit der unverminderten Lebhaftigkeit frischer Geschehnisse ein.
(Erst, not until, only when / ein_stellen sich, appear)

So reproduzierte eine unserer Kranken in der Hypnose ein halbes Jahr hindurch mit halluzinatorischer Lebhaftigkeit alles, was sie an denselben Tagen des vorhergegangenen Jahres (während einer akuten Hysterie) erregt hatte;
(eine, one of our, but Krank is always m.? / hindurch, adv., throughout / sie, Akk.)

ein ihr unbekanntes Tagebuch der Mutter bezeugte die tadellose Richtigkeit der Reproduktion.
(ihr unbekanntes, which the patient did not read)

Eine andere Kranke durchlebte teils in der Hypnose, teils in spontanen Anfällen mit halluzinatorischer Deutlichkeit alle Ereignisse einer vor zehn Jahren durchgemachten hysterischen Psychose, für welche sie bis zum Momente des Wiederauftauchens größtenteils amnestisch gewesen war.
(durchleben, experience / teils…teils , partly … partly … / halluzinatorisch, good, well / Wiederauftauchens, resurfacing / amnestisch gewesen war=forgotten)

[01_015]
Auch einzelne ätiologisch wichtige Erinnerungen von fünfzehn- bis fünfundzwanzigjährigem Bestand erwiesen sich bei ihr von erstaunlicher Intaktheit und sinnlicher Stärke und wirkten bei ihrer Wiederkehr mit der vollen Affektkraft neuer Erlebnisse.
(Bestand, stock, keeping / sich erweisen, show oneself / neu, same emotional strength as new experiences)

[0013]
Den Grund hiefür können wir nur darin suchen, daß diese Erinnerungen in allen oben erörterten Beziehungen zur Usur (Die Erinnerung daran tritt, auch wenn sie nicht abreagiert wurde, in den großen Komplex der Assoziation ein, sie rangiert dann neben anderen, vielleicht ihr widersprechenden Erlebnissen, erleidet eine Korrektur durch andere Vorstellungen. p. 19) eine Ausnahmestellung einnehmen.
(hiefür =hierfür, in the reason of it / erörtern, argue / rangieren, rank / erleiden, suffer / Ausnahmestellung, exceptional position / ein_nehmen, occupy a position)

Es zeigt sich nämlich, daß diese Erinnerungen Traumen entsprechen, welche nicht genügend “abreagiert” worden sind, und bei näherem Eingehen auf die Gründe, welche dieses verhindert haben, können wir mindestens zwei Reihen von Bedingungen auffinden, unter denen die Reaktion auf das Trauma unterblieben ist.
(Traumen, Dat. / entsprechen, correspond / welche(=Traumen) / genügend, adv. / auf etw. näher eingehen, to elaborate on sth., see well /und bei näherem Eingehen auf /Grund, reason why / dieses (=abreagieren), Acc. / mindestens, at least / unterbleiben, stop)


Zur ersten Gruppe rechnen wir jene Fälle, in denen die Kranken auf psychische Traumen nicht reagiert haben, weil die Natur des Traumas eine Reaktion ausschloß, wie beim unersetzlich erscheinenden Verlust einer geliebten Person, oder weil die sozialen Verhältnisse eine Reaktion unmöglich machten, oder weil es sich um Dinge handelte, die der Kranke vergessen wollte, die er darum absichtlich aus seinem bewußten Denken verdrängte, hemmte und unterdrückte.
(…zu…rechnen, count…among… / eine Reaktion (Akk.) ausschloß, ausschließen / unersetzlich, irredeemable / erscheinend, obvious / Verlust, losing by death / es handelt sich um…, it is a matter of )

Gerade solche peinliche Dinge findet man dann in der Hypnose als Grundlage hysterischer Phänomene (hysterische Delirien der Heiligen und Nonnen, der enthaltsamen Frauen, der wohlerzogenen Kinder).
(der Heiligen, of the saint persons / enthaltsam, austere / wohlerzogen, Adj., well-educated)

Die zweite Reihe von Bedingungen wird nicht durch den Inhalt der Erinnerungen, sondern durch die psychischen Zustände bestimmt, mit welchen die entsprechenden Erlebnisse beim Kranken zusammengetroffen haben.
(entsprechen, correspond / mit…zusammentreffen, coincide with)

Als Veranlassung hysterischer Symptome findet man nämlich in der Hypnose auch Vorstellungen, welche, an sich nicht bedeutungsvoll, ihre Erhaltung dem Umstande danken, daß sie in schweren lähmenden Affekten, wie z. B. Schreck, entstanden sind, oder direkt in abnormen psychischen Zuständen, wie im halbhypnotischen Dämmerzustande des Wachträumens, in Autohypnosen u. dgl.
(nämlich, in particular / an sich, by itself / ihre Erhaltung (Akk.) / danken, (Vorstellungen, S) owe / lähmenden, debilitating / Affekt, m., emotion / Dämmer, twilight)

[01_016]
Hier ist es die Natur dieser Zustände, welche eine Reaktion auf das Geschehnis unmöglich machte.
(welche, = Natur)


Beiderlei Bedingungen können natürlich auch zusammentreffen und treffen in der Tat oftmals zusammen.
(beiderlei, Adj., both / zusammen_treffen, coincide / können ←→ in der Tat)

Dies ist der Fall, wenn ein an sich wirksames Trauma in einen Zustand von schwerem, lähmendem Affekt oder von verändertem Bewußtsein fällt; es scheint aber auch so zuzugehen, daß durch das psychische Trauma bei vielen Personen einer jener abnormen Zustände hervorgerufen wird, welcher dann seinerseits die Reaktion unmöglich macht.
(an sich wirksam, selfstanding / einer jener…, one of these… / hervorgerufen, generated / welcher, = einer jener abnormen Zustände / seinerseits, in turn)

Beiden Gruppen von Bedingungen ist aber gemeinsam, daß die nicht durch Reaktion erledigten psychischen Traumen auch der Erledigung durch assoziative Verarbeitung entbehren müssen.
(Beiden Gruppen = In beiden Gruppen / ist…, daß = ist es…, daß / die nicht durch Reaktion erledigten(= abreagieren) psychischen Traumen, S)

In der ersten Gruppe ist es der Vorsatz des Kranken, welcher die peinlichen Erlebnisse vergessen will und dieselben somit möglichst von der Assoziation ausschließt, in der zweiten Gruppe gelingt diese assoziative Verarbeitung darum nicht, weil zwischen dem normalen Bewußtseinszustand und den pathologischen, in denen diese Vorstellungen entstanden sind, eine ausgiebige assoziative Verknüpfung nicht besteht.
(den pathologischen (Bewußtseinszuständen) / ausgiebige, thorough)

Wir werden sofort Anlaß(occasion) haben, auf diese Verhältnisse weiter einzugehen.
(sofort, immediately / Anlaß, occasion / auf etw. ein_gehen, go into, mention)

Man darf also sagen, daß die pathogen gewordenen Vorstellungen sich darum so frisch und affektkräftig erhalten, weil ihnen die normale Usur durch Abreagieren und durch Reproduktion in Zuständen ungehemmter(without restraint) Assoziation versagt ist.
(ungehemmt, without restraint / versagt, failed)

3
[0014]
Als wir die Bedingungen mitteilten, welche nach unseren Erfahrungen dafür maßgebend sind, daß sich aus psychischen Traumen hysterische Phänomene entwickeln, mußten wir bereits von abnormen Zuständen des Bewußtseins sprechen, in denen solche pathogene Vorstellungen entstehen, und mußten die Tatsache hervorheben, daß die Erinnerung an das wirksame psychische Trauma nicht im normalen Gedächtnisse des Kranken, sondern im Gedächtnisse des Hypnotisierten zu finden ist.
(maßgebend, decisive / hervorheben, emphasize / Gedächtnis, memory / zu finden ist, must be found)

[01_017]
Je mehr wir uns nun mit diesen Phänomenen beschäftigten, desto sicherer wurde unsere Überzeugung, jene Spaltung des Bewußtseins, die bei den bekannten klassischen Fällen als double conscience so auffällig ist, bestehe in rudimentärer Weise bei jeder Hysterie, die Neigung zu dieser Dissoziation und damit zum Auftreten abnormer Bewußtseinszustände, die wir als “hypnoide” zusammenfassen wollen, sei das Grundphänomen dieser Neurose.
(je -er…, desto -er, the more…, the more… / sich mit etw. beschäftigen, to occupy oneself with sth. / Überzeugung, (daß)… / auffällig, remarkable / (und daß) die Neigung …)

Wir treffen in dieser Anschauung mit Binet und den beiden Janet zusammen, über deren höchst merkwürdige Befunde bei Anästhetischen uns übrigens die Erfahrung mangelt.
(zusammentreffen, coincide, concur / Alfred Binet, Pierre Janet, Jules Janet)


Wir möchten also dem oft ausgesprochenen Satze: “Die Hypnose ist artefizielle Hysterie” einen andern an die Seite stellen: Grundlage und Bedingung der Hysterie ist die Existenz von hypnoiden Zuständen.
(der oft ausgesprochenen Satz = “Die Hypnose ist artefizielle Hysterie.” / ein anderer Satz = “Grundlage und Bedingung der Hysterie ist die Existenz von hypnoiden Zuständen.” / an die Seite stellen mögen)

Diese hypnoiden Zustände stimmen, bei aller Verschiedenheit, untereinander und mit der Hypnose in dem einen Punkte überein, daß die in ihnen auftauchenden Vorstellungen sehr intensiv, aber von dem Assoziativverkehr mit dem übrigen Bewußtseinsinhalt abgesperrt sind.
(überein_stimmen, coincide, correspond, match / bei = mit, in spite of, even with /intensiv (sind), / absperren, block)

Untereinander sind diese hypnoiden Zustände assoziierbar, und deren Vorstellungsinhalt mag auf diesem Wege verschieden hohe Grade von psychischer Organisation erreichen.
(verschieden, adv., variously)

Im übrigen dürfte ja die Natur dieser Zustände und der Grad ihrer Abschließung von den übrigen Bewußtseinsvorgängen in ähnlicher Weise variieren, wie wir es bei der Hypnose sehen, die sich von leichter Somnolenz bis zum Somnambulismus, von der vollen Erinnerung bis zur absoluten Amnesie erstreckt.
(Im übrigen, by the way / ähnlich wie, similar to / variieren [v-] / die (= die Natur dieser Zustände und der Grad…) / sich erstrecken, range)

Bestehen solche hypnoide Zustände schon vor der manifesten Erkrankung, so geben sie den Boden ab, auf welchem der Affekt die pathogene Erinnerung mit ihren somatischen Folgeerscheinungen ansiedelt.
((If) Bestehen / vor, earlier than / ab_geben, provide / Boden, m., ground, soil / Affekt, m., emotion / Folgeerscheinungen,consecutive symptoms / an_siedeln, vt. settle / Der Affect ansiedelt die Erinnerung.)

[01_018]
Dies Verhalten entspricht der disponierten Hysterie.
(disponiert, predisposed)

Es ergibt sich aber aus unseren Beobachtungen, daß ein schweres Trauma (wie das der traumatischen Neurose) eine mühevolle Unterdrückung (etwa des Sexualaffektes) auch bei dem sonst freien Menschen eine Abspaltung von Vorstellungsgruppen bewerkstelligen kann, und dies wäre der Mechanismus der psychisch akquirierten Hysterie.
(daß, (als) ein schweres Trauma, / wie, as severe as, at the same severeness as / traumatische Neurose, = PTSD / eine mühevolle Unterdrückung kann bewerkstelligen / auch, even / frei, healthy / Abspaltung, separation / bewerkstelligen, accomplish / psychisch, adv.)
臨床的に言えることであるが、重度のトラウマ(大事故などによるPTSDと同じほど重度のトラウマ)において、性的感情などのために困難となった抑圧機能が、健康人においても、乖離の状態を引き起こすことがあり、これを心的原因による神経症の仕組みと考えることができるのである。

Zwischen den Extremen dieser beiden Formen muß man eine Reihe gelten lassen, innerhalb welcher die Leichtigkeit der Dissoziation bei dem betreffenden Individuum und die Affektgröße des Traumas in entgegengesetztem Sinne variieren.
(2 Formen = die disponierten Hysterie, die psychisch akquirierten Hysterie / gelten lassen, accept / eine Reihe von Formen / the more emotion… the more dissociation)

[0015]
Wir wissen nichts Neues darüber zu sagen, worin die disponierenden hypnoiden Zustände begründet sind.
先天的素因によるピプノイド状態については(論法としてのみ、ただそのように言っているだけであり)現在において我々に実際に分かっていることはほとんどない。

Sie entwickeln sich oft, sollten wir meinen, aus dem auch bei Gesunden so häufigen “Tagträumen”, zu dem z. B. die weiblichen Handarbeiten so viel Anlaß bieten.
(wir meinen, It appears to us / bei Gesunden, pl., for healthy people / zu etw. Anlaß bieten, cause grounds for).

Die Frage, weshalb die “pathologischen Assoziationen”, die sich in solchen Zuständen bilden, so feste sind und die somatischen Vorgänge so viel stärker beeinflussen, als wir es sonst von Vorstellungen gewohnt sind, fällt zusammen mit dem Probleme der Wirksamkeit hypnotischer Suggestionen überhaupt.
(weshalb, why / und (weshalb) / feste = fest / Vorgang, m., process, event / beeinflussen, have an effect on / sonst, usually / fallen zusammen, coincide / Problem, question, enigma)

Unsere Erfahrungen bringen hierüber nichts Neues; sie beleuchten dagegen(on the other hand) den Widerspruch(contradiction) zwischen dem Satze: “Hysterie ist eine Psychose”, und der Tatsache, daß man unter den Hysterischen die geistig klarsten, willensstärksten, charaktervollsten und kritischsten Menschen finden kann.
(Hysterischen, hysteria patients)

In diesen Fällen ist solche Charakteristik richtig für das wache Denken des Menschen; in seinen hypnoiden Zuständen ist er alieniert, wie wir es alle im Traume sind.

Aber während unsere Traumpsychosen unseren Wachzustand nicht beeinflussen, ragen die Produkte der hypnoiden Zustände als hysterische Phänomene ins wache Leben hinein.
(unsere Traumpsychosen, dream-, 前文からの続き、ヒプノイド状態において患者は異常であるが、それは我々健康人が夢を見ている状態のようなものだ。我々が夢を見ているときの精神の異常状態は・・・/ beeinflussen, to influence / (nur) als / in etw. hineinragen, extend into sth.)

[01_019]
4
Fast die nämlichen Behauptungen, die wir für die hysterischen Dauersymptome aufgestellt haben, können wir auch für die hysterischen Anfälle wiederholen.
(Fast die nämlichen Behauptungen, × Die fast nämlichen Behauptungen, the almost same opinion)

Wir besitzen, wie bekannt, eine von Charcot gegebene schematische Beschreibung des “großen” hysterischen Anfalles, welcher zufolge ein vollständiger Anfall vier Phasen erkennen läßt:
1) die epileptoide,
2) die der großen Bewegungen,
3) die der attitudes passionelles (die halluzinatorische Phase),
4) die des abschließenden Deliriums.
(welcher, Dat. / zufolge, according to it / erkennen lassen, indicate / abschließen, complete, finalize / À la tête d’un grand service de la Salpêtrière, hôpital qu’il transforme de «grand asile de la misère humaine» en foyer de rayonnement médical international, Charcot applique une démarche stricte d’observations pour identifier les symptômes essentiels. Il parvient à distinguer quatre phases: la première ressemble à une crise d’épilepsie. Elle est précédée de signes discrets et s’accompagne d’une perte de connaissance. La seconde est marquée par des contorsions acrobatiques. Vient ensuite la phase où le patient manifeste des émotions: peur, tristesse, excitation sexuelle, extase, etc. Enfin, le patient délire, il a des hallucinations et tient des dialogues imaginaires. À défaut d’en avoir trouvé la cause, Charcot pose les bases des signes de l’hystérie.(Le Figaro))

Aus der Verkürzung und Verlängerung, dem Ausfall und der Isolierung der einzelnen Phasen läßt Charcot alle jene Formen des hysterischen Anfalles hervorgehen, die man tatsächlich häufiger als die vollständige grande attaque beobachtet.
((und aus) dem Ausfall / läßt Charcot, V. S. of the sentence / hervorgehen aus, come from / häufiger als, more often than )

[0016]
Unser Erklärungsversuch knüpft an die dritte Phase, die der attitudes passionelles an.
(an_knüpfen an, take up, build on, start from / (knüpft an die dritte Phase an, die der attitudes passionelles ist.))

Wo dieselbe ausgeprägt ist, liegt in ihr die halluzinatorische Reproduktion einer Erinnerung bloß, welche für den Ausbruch der Hysterie bedeutsam war, die Erinnerung an das eine große Trauma der κατ’ ἐξοχὴν sogenannten traumatischen Hysterie oder an eine Reihe von zusammengehörigen Partialtraumen, wie sie der gemeinen Hysterie zugrunde liegen.
(dieselbe, die dritte Phase / ausgeprägt, distinct, marked, obvious / bloß_liegen, be obvious / Ausbruch, outburst / κατ’ ἐξοχὴν, preeminent, eminent / zugrunde liegen, underlie)

Oder endlich der Anfall bringt jene Geschehnisse wieder, welche durch ihr Zusammentreffen mit einem Momente besonderer Disposition zu Traumen erhoben worden sind.
(Geschehnis, event / wieder_bringen, bring back / Zusammentreffen, coincidence / Disposition, (disponierender hypnoider Zustand) / erhoben, made )

Es gibt aber auch Anfälle, die anscheinend nur aus motorischen Phänomenen bestehen, denen eine phase passionelle fehlt.
(anscheinend, maybe)

Gelingt es bei einem solchen Anfalle von allgemeinen Zuckungen, kataleptischer Starre oder bei einer attaque de sommeil, sich während desselben in Rapport mit dem Kranken zu setzen, oder noch besser, gelingt es, den Anfall in der Hypnose hervorzurufen, so findet man, daß auch hier die Erinnerung an das psychische Trauma oder an eine Reihe von Traumen zugrunde liegt, die sich sonst in einer halluzinatorischen Phase auffällig macht.
(Gelingt es = Wenn es gelingt / Zuckung, spasm / hervor_rufen, evoke / sonst, usually / auffällig, conspicuous)

Ein kleines Mädchen leidet seit Jahren an Anfällen von allgemeinen Krämpfen, die man für epileptische halten könnte und auch gehalten hat.

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